Etappe 4:
Auf gehts auf den höchsten Punkt der gesamten Tour!
Das war aber nicht das Schlimmste…
4. Etappe Dobbiaco (Toblach) – San Vito Di Cadore
Ich wurde vor dem Wecker wach und döste noch einen Augenblick. Als dann der Wecker rasselte und die Liebste die Vorhänge aufzog, wollte ich nicht aufstehen. Es regnete schon wieder! Was für ein Pech! Aber okay, wir hatten ja unsere Regensachen und wussten im vorherein, wir müssen uns warm anziehen. Wie schon oben angedeutet, würden wir den höchsten Punkt der ganzen Tour heute erreichen!
Nach dem Frühstück haben wir uns dann ganz in Ruhe präpariert.
Wärmestrümpfe, zwiebelschalenartig obenrum, Regenhose, Regenjacke und ich Gummistiefel. Hatte ich mit, und diesmal auch daran gedacht. Anders als bei der Brenneretappe. Ich glaube die Schuhe vom Brenner sind heute noch nicht ganz trocken! 😉
Wie sinnvoll das werden wird mit den Gummistiefeln, konnte ich allerdings noch nicht mal ahnen. Bei strömenden Regen, aber gut gelaunt, fuhren wir los. Es sollte unsere härteste Etappe werden!
Wir fuhren durch schöne Landschaft und am Toblacher See vorbei.Die Fahrt ging einigermaßen sanft bergauf und war trotz des Regens gut zufahren.
Nach etwa einer Stunde, wir fuhren eine Kuppe hoch, ging es dann nach einer Kurve nicht weiter! Der Radweg war durch eine Gerölllawine weggerissen!. Das muss schon einige Zeit her gewesen sein Die Straße war schon wieder freigeräumt und Arbeiter waren mit schweren Baumaschinen damit beschäftigt, alles wieder herzurichten. Selbst eine Umleitung für den Fahrradweg war bereits angelegt und ausgeschildert. Es musste eine Entscheidung getroffen werden: Straße oder Umleitung! Wir, blauäugig wie wir nun mal sind, haben die Umleitung genommen. Der Verkehr auf der Straße sah nicht besonders einladend aus. Schnell wurde uns klar, das war keine gute Idee! Der Weg war nur ein mit Baggern eingeebneter Geröllweg.
Für mich als Handbiker noch zu bewältigen, aber für Daniel ging es schnell nur noch zu Fuß weiter. Es ging munter bergauf und bergab und wir kamen nur langsam voran.
Nach einer Biegung glaubten wir unseren Augen nicht zu trauen. Direkt vor uns zerschnitt ein kleiner aber mit ordentlich Strömung daher kommender Bach den provisorischen “Radweg”. Na toll! Auch das noch!
Den ganzen Weg wieder zurück oder durch das Bächlein!
Daniel entschied dann, da müssen wir durch.
Da der Bach an der Stelle, an dem er den Weg kreuzte, nicht tief war, faste ich Mut und bin auf die andere Seite gefahren.
Liebe Gummistiefel, schön das es Euch gibt!
Für Daniel war es leider nicht so lustig. Auf Grund der Bodenverhältnisse und der Tatsache, das das Wasser sehr trübe war und wir den Grund nicht sehen konnten, ist Daniel schiebend durch den Bach. Das hatte, trotz seiner Regengamaschen, auch noch nasse Füße zur Folge! Bei +2° C kein Spaß!
Direkt nach dem Bach ging es steil einen Hang hinauf zur Straße. Der Weg war mit einem morschen Holzgatter versperrt. Ich versuchte den Hang hoch zufahren. Es blieb bei dem Versuch. Der Untergrund aus losem Geröll war Schuld. Selbst mit Mountainbikerädern und Radstandsverlängerung war hier Schluß! Daniel ist zuerst den Hang hoch und hat das Gatter auf gemacht und sein Rad an die Straße gestellt. Danach haben wir dann mit vereinten Kräften das Handbike, den Rollstuhl und mich hoch geastet.
Oben angekommen, wollte ich die Etappe abbrechen. Bei den Temperaturen und nassen Füßen wollte ich nicht, dass Daniel weiter fährt. Ich hatte doch seiner Frau versprochen auf ihn aufzupassen! Ich habe also den Vorschlag gemacht, Gaby anzurufen, damit sie Daniel einsammelt. Weil mir aber klar war, dass wir nicht alles ins Auto bekämen, wollte ich allein weiter fahren. Ich hatte schließlich fast zwei Tage das Auto gepackt bevor wir los fuhren. Alles ins Auto zu bekommen wird bei Regen auf der Landstrasse also bestimmt nichts. Damit war Daniel allerdings überhaupt nicht einverstanden! Er wollte mich nicht allein fahren lassen!
Wir haben dann kurz hin und her diskutiert. Ich konnte ihn nicht umstimmen!
Ehrlich gesagt war ich aber doch sehr froh, dass wir gemeinsam weiter fahren wollten. Natürlich hatte ich aber die ganze Zeit im Kopf, dass die nassen Füße noch Ärger machen könnten! Erkältung und so. Ihr wißt schon…
Spoiler: Haben sie nicht!
Zu dem Zeitpunkt hatten wir ungefähr ein Drittel der Strecke geschafft und waren noch nicht am Scheitelpunkt. Weiter ging es also abseits der Straße auf dem nun wieder schönen Radweg! Idyllisch wars.
Unter einer Brücke haben wir kurz angehalten. Daniel wollte Gummibänder an seiner Hose befestigen damit sie nicht in die Kette kommt!
Kaum standen wir, fing es an zu schneien! Ein Bild für die Götter. Wir in der Unterführung, vor uns die Tannen und es schneite richtig dicke Flocken.
Wir kamen in Weihnachtsstimmung!
-2° C sagte das Thermometer. Aber auch das konnte uns nicht aufhalten.
Wir wechselten auf trockene Handschuhe und fuhren weiter.
Hin und wieder musste ich mir den Schnee von der Brille streichen, um etwas zu sehen. Was ich sah war wieder sehr schön. Schade, das das Wetter so mies war! Wir fuhren durch Tannenwälder und hatten immer mal Kühe rechts und links des Weges. Hach. die Berge!
Es ging entspannt weiter, bis dann plötzlich Kühe auch auf dem Radweg standen. Komisch, dachte ich noch so bei mir! Es ging im Slalom um die friedlichen Braunbunten herum. Lustig! Als der Weg dann wieder frei war, konnten wir wieder Fahrt aufnehmen. Dann rief mir Daniel etwas zu! Leider zu spät. Ich bin Full Speed durch einen quer über dem Weg gespannten Weidezaun gefahren. Rechts und links flogen die Erdspieße im Bogen aus dem Boden. Ich machte eine Vollbremsung. Ob die Kühe aus gebüchst waren?
Zum Glück stand ich auf den Gummireifen, so bekam ich keine Stromschläge. Es brauchte eine ganze Weile mich aus der Umschlingung zu befreien. Ich musste das allein machen, wollte ich nicht riskieren, das Daniel einen Schlag bekommt. Er stand ja auf der nassen Erde!
Gut, auch das haben wir mit einem Lachen genommen und sind weiter.
Bis, ja bis wieder ein reißender Bach den Radweg kreuzte.
Diesmal war der Einschnitt aber so stark, da hier für uns kein Weiterkommen war.
Mist, wir mussten ein ganzes Stück zurück.
Ab jetzt wollten wir konsequent auf der Straße fahren.
Als wir auf eine Straße trafen, war uns nicht klar, welche Richtung wir einschlagen sollten. Die Navis waren keine richtige Hilfe. Vielleicht waren wir auch nur zu doof oder unsere Hände zu klamm, um die richtig zu befragen!
Daniel hielt ein polnisches Auto an. Das einzige Auto weit und breit! Die internationale Zusammenarbeit klappte hervorragend. Der freundliche Fahrer wies uns den Weg. Wir waren also wieder unterwegs. Eine knappe halbe Stunde später haben wir sowohl die höchste Stelle unserer Tour erreicht, als auch Südtirol verlassen. Von nun an ging es bergab. Leider auf der Straße. Ich hatte wieder Bedenken. Daniel konnte mit seinem Rennrad schnell stürzen, da die Straße an den Rändern ziemlich schlecht und durch den Regen sehr glitschig war. Ich habe versucht, so gut es ging, in der Mitte der Fahrbahn zu fahren, Daniel auch. Er musste zu dem langsam fahren!. Leider haben uns immer mal wieder schwere LKW überholt. Nicht so toll. Als wir nach knapp 3 Stunden in Cortina d’ Ampezzo ankamen war das Schlimmste geschafft. Unser Garmin hat uns zwar noch zweimal von der Hauptstraße weg gelockt. Einmal ging es nochmal richtig heftig bergauf und gleich darauf wieder bergab. Wir kamen wenige Meter weiter wieder auf die selbe Straße, die wir eben verlassen hatten. Bei schönem Wetter sicher kein Problem, bei dem Regen etwas nervig. Aber nach weiteren knapp 8 km waren wir dann in San Vito di Cadore. Am Ortschild haben wir uns gefreut wie die Kinder. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich aus dem Stuhl gesprungen und wäre um das Schild getanzt!
Voller Euphorie sind wir dann Richtung Hotel weiter.
Wir fuhren bergab mit ziemlich Speed auf unser Ziel zu. Dann entdeckten wir unerwartet Gaby auf einem Parkplatz. Wir riefen ihr fragend zu, wie weit es noch sei?Sie gestikulierte wild. Wir hielten an und standen total unerwartet direkt vor unserem Hotel. Puh, fast wären wir vorbei gefahren!
Gaby hatte schon alles geklärt. Es war allerdings seltsam. Auf meine Frage, wo wir die Räder lassen können, meinte sie wir sollten in die Lobby fahren.
In die Lobby?
Nun, wir sollten die Räder im Frühstücksraum abstellen! Das musste Daniel erledigen, da es dort eine kleine Treppe gab! Wir wollten das nochmal klären, aber außer uns war scheinbar niemand anwesend. Waren wir in Bates Motel? Ein bisschen kam es mir so vor. Egal, wir hatten ein Dach über dem Kopf!
Unser Zimmer war hier wieder nur bedingt barrierefrei. Das kannten wir ja schon. Wie immer war das Bad nur mit Mühe zu nutzen. Auch der Aufzug war eher eng, sehr eng…
Wir haben geduscht und trockene Sachen angezogen. Inzwischen hatte sich auch das Wetter gebessert. Warum war es nicht den ganzen Tag so. Was für eine Aussicht vom Hotel. Ein richtiges Berghotel! Wow!
Eine Stunde später dann so:
Wir setzten uns in die Bar, um unser Ankommbier zu trinken. Dort war nun doch jemand anzutreffen. Während wir da saßen und ein lokales Bier tranken, konnten wir unser Abendessen bestellen. Das war weniger einfach als bisher, da wir ja nun richtig in Italien waren. Niemand sprach mehr Deutsch und Englisch nur gebrochen. Wir natürlich kein Italienisch. Aber es klappte dank moderner Kommunikationstechnik!
Lustig war zu dem, dass die Bar von Minute zu Minute voller wurde. Offensichtlich alles Einheimische, die sich auf ein Feierabendbier trafen. Was für ein krasser Unterschied zu unserer Ankunft! Erst alles ruhig und jetzt “dolce vita”
In das Restaurant ging es später via Aufzug eine Etage hinunter.
Das Essen war sehr lecker!
Wir gingen mit einem tollen Gefühl ins Bett, hatten wir doch einem Wetter getrotzt, dass wir nicht im geringsten erwartet hatten!
Ab jetzt war klar, wir werden es schaffen!
Daten zur vierten Etappe:
Hier die Daten aus meinem Garmin: