Eine Handbikereise vom Bodensee zum Königsee

Einleitung

Wir haben es wieder gemacht, wieder eine Handbikereise.
Diesmal sollte es der Bodensee – Königssee Radweg sein.
Leider “nur” zu zweit. Die Liebste war nicht dabei.
Das bedeutete für Daniel und mich, dass wir unser Gepäck am Rad bzw. Handbike selber transportieren mussten. 
Hier gibts Bilder der Reise!

Vorbereitung:

Aus der Erfahrung vom letzten Jahr haben wir diverse Dinge nicht mit genommen und es war trotzdem noch zu viel! 😉 Daniel hatte zwei große Packtaschen und eine RackPack auf dem hinteren Gepäckträger. Ich fuhr mit zwei kleiner Packtaschen am Handbike und einen Motorradrucksack am Rollstuhl.
Unser Gepäck sollte Regen sicher sein verpackt sein. Wir hatten da so unsere Erfahrungen!

Unterwäsche, T-Shirts, Radtrikot, Ersatzhose, Duschhocker, 2 Handbike-Akkus und die Ladegeräte, Ersatzschläuche, Pannenspray, Flickzeug, Kamera, Freewheel und meine Regenkleidung mussten mit. In meine Taschen ging nicht alles rein. Zum Glück konnte Daniel etwas übernehmen. Aber ich bin schon wieder zu weit.

Fangen wir vorne an. Auf der Rückreise unserer Venedig-Tour waren wir so geflasht, dass wir das auf jeden Fall nochmal machen wollten. Da ich nicht fahren musste, stöberte ich nach Touren im Gebirge und fand recht schnell die Bodensee – Königssee-Tour. Das sollte sie werden, die Handbikereise 2018. Allerdings war schnell klar, dass die Liebste nicht wieder das Begleitauto fahren wollte. Ihr war das zu langweilig. Sie wollte lieber mit Radfahren.

Es war also abgemacht. Wir fahren von Lindau nach Berchtesgaden. Beide Orte kannte ich von früheren Reisen mit Omi und Opi. Als kleiner Junge war ich viel mit den beiden unterwegs!
Lindau kannte ich sogar besonders gut, weil wir dort auch ein paarmal mit den Kindern im Urlaub waren.

Anfang 2018 war dann klar. Die Liebste fährt gar nicht mit. Ich würde mit Daniel allein fahren.
Auch okay! Daniel und ich sind ein eingespieltes Team! Das wird schon.
Später kippe dann auch dieser Plan. Daniels Lebensplanung lies eine Radtour in diesem Jahr nicht zu. Nun ja, das ist zwar schade, aber nicht zu ändern. War ja noch nichts fest geplant oder gar gebucht. Ich würde aber diese Zeilen nicht schrieben, wenn sich Pläne nicht ändern würden!

Ich meine es war Ende Mai oder Anfang Juni als Daniel mir unerwartet eröffnete, er wolle doch fahren. Juhu, es geht doch los. Wir suchten einen Termin und wollten erst Anfang September fahren verschoben dass dann allerdings auf die zweite Woche. Danke für den Tipp. Dotti aus dem Allgäu hat ihn mir gegeben. Es wären noch Ferien in Bayern und damit die Zimmersuche unnötig schwierig!
Nächster Funfact war dann, dass Silke, eine Hörerin meines Podcasts, ein technisches Problem mit eben diesem meldete. In dem Dialog darum, habe ich ihr erzählt, dass wir doch auf Radtour fahren. Sie bedauerte den Termin, weil sie zudem Zeitpunkt in Wien sein wird und uns daher nicht treffen kann. Schade! 4 Tage später hatte ich ein Radtourenbuch für den Bodensee-Königsee-Radweg auf dem Tisch liegen. Was für eine Überraschung. Danke Silke!
Das war dann auch der Startschuss für die Planung. Diese musste bis Ende Juni fertig sein, weil dann der Festivalsommer anfängt und ich mit der Liebsten unterwegs bin und keine Zeit mehr dafür hätte!

Wir wollten Samstag den 8.9. mit der Bahn nach Lindau fahren und mussten spätestens am Sonntag die Woche drauf wieder in Hamburg sein.
Also los! Erstmal die Strecke in schaffbare Etappen zerlegen und hier kam nun das Buch von Silke aka Minilancelot zum Einsatz. Das coole an dem Buch ist eine Grafik mit Entfernungen und einem groben Höhenprofil. Damit war das Zerlegen recht einfach. Okay, es gab natürlich noch Rahmenbedingungen. Der Große Alpsee war als Übernachtung gesetzt, Schliersee ebenso. Dann wollten wir einen ganzen Tag in Berchtesgaden haben. Also mussten wir Freitag dort sein. Das alles und die Tatsache das ich barrierefrei Hotel buchen musste, machte die Planung natürlich im Detail nicht ganz so einfach. Aber die Tour nahm Formen an. Ende Juni konnte ich dann die Bahnfahrt buchen, weil die Termine feststanden. Dann ging ich daran die Hotels fest zu buchen. Dadurch verschob sie die eine oder andere Etappe noch mal etwas. Die Vorletzte war dann knapp über 90km lang. Nach kurzer Rücksprache mit Daniel war das dann aber gebongt. Die Etappen waren klar, die Bahn und die Hotels gebucht. Die Feinplanung der Strecke für den Navi wollte ich erst kurz vor der Reise machen, weil ich es vor unser Festivalreise nicht mehr geschafft habe.
Wird schon klappen. Hat`s auch! 😉
Klasse war, das ich noch einen Tipp erhalten habe.
Wir sollten den Pfänder mit nehmen. Danke Uwe, das war ne spitzen Idee!
Die konkrete Routenplanung hat dann mit Hilfe des Buches, des Internets und der Planungssoftware noch etwas gebraucht, aber dann waren wir gut präpariert.
Da ich eine ziemliche Bangbüx habe ich am Mittwoch Nachmittag vor der Abreise nochmals alles gecheckt. Hotels und Mobiltätsservice-Zentrale der Bahnreise angerufen, man kennt das ja! War aber prima. Naja, bis Abends, dann rief die Bahn an und hat die Rückfahrt gecancelt. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden!

Anreise

Ich bin dann am Samstag morgen mit Sack, Pack und Handbike zum Hauptbahnhof gefahren. Das Wetter war morgens noch recht frisch, aber schon ganz gut. Am Bahnhof wartete Daniel bereits und wir kamen pünktlich und gut aus Hamburg raus.

Daniel und ich am Hauptbahnhof

Ich kürze es mal ab, weil die Storie mit der Bahn , wie oben schon erwähnt, an anderer Stelle genauer beleuchtet wird.
Ihr könnt Euch denken, dass es nicht ganz reibungslos lief. Sagen wir es mal freundlich, es kam zu einer kleiner Verzögerung im Betriebsablauf. Aber wir sind am selben Tag in Lindau angekommen. Dort warte Joe und seine Familie als Empfangskomitee schon auf uns.

Joe hatte ich auf dem Bang-Your-Head-Festival kennen gelernt. Er wollte uns noch eine Bootsfahrt auf dem Bodensee ermöglichen. Leider hat das nicht geklappt. Immerhin konnten wir zu fünft noch lecker in Lindau Essen gehen. Übernachtet haben wir in der sehr empfehlenswerten Jugendherberge in Lindau. Einigermaßen zentral gelegen und barrierefrei.

1. Etappe

Gut ausgeschlafen und mit einem Frühstück im Bauch sind wir Richtung Bregenz auf gebrochen. Wir wollten mit der Seilbahn auf den Pfänder. Mit unterwegs Bilder machen, hat das ca. eine halbe Stunde gedauert. Wir konnten auch gleich mitfahren. Die Kabine der Pfänderbahn ist ziemlich groß. Wir passten, neben diversen anderen Mitfahrenden, mit dem Handbike und dem Fahrrad locker hinein. Die Fahrt war problemlos möglich und der Blick über den Bodensee war wunderbar.Bodensee aus der Seilbahn

Wir fuhren bei bestem Wetter weiter in Richtung Immenstadt. Die erste Etappe erwies sich als sehr anstrengend. Die immer wieder atemberaubende Aussicht entschädigte uns aber dafür. Unsere erste Etappe endete in Stein bei Immenstadt in einem sehr schönem barrierefreien Hotel. Wir waren ziemlich geschafft. Es gab abends leckeres Essen – Hirschgulasch und dazu ein Helles.

 

 

2. Etappe

Die zweite Etappe begann etwas holprig. Wir haben unseren Weg nicht gefunden und einen kleinen Umweg gemacht. Ein sehr freundlichen Herr hat uns dann wieder auf den richtigen Weg gebracht.
Der Abschnitt war nicht weniger anspruchsvoll als der
Gestrige, ging uns aber schon deutlich besser von der Hand. Wir waren drin! Vorbei am Rottach- und am Hopfensee ging es ganz schön rauf und runter. Als wir Füssen hinter uns ließen, kamen wir an den Königsschlössern vorbei, auch ein sehr schöner Abschnitt der Handbikereise.


Schloss Neuschwanstein

Von dort war es nicht mehr weit bis zur nächsten Unterkunft. Diese war auch barrierefrei. Nur der Eingang war bemerkenswert. Die Rampe wird bei Bedarf an die Stufen angelegt. Diese ist aus zwei Brettern und zwei Klötzen zusammen genagelt, nicht besonders vertrauenerweckend, hat aber funktioniert.

3. Etappe

Rollstuhlrampe aus Bretter gebastelt

Am nächsten Morgen erwartete uns wieder ein traumhafter Tag. Leider wurden die Radwege schlechter. Waren wir bis jetzt überwiegend auf tollen asphaltierten Wegen unterwegs, wechselte der Belag zu Schotter. Wie im letzten Jahr musste auch wieder ein Flussbett durchfahren werden. Diesmal führte dieses aber weniger Wasser. Als wir zum Mittag bereits zweidrittel der Strecke geschafft hatten, entschieden wir spontan einen Abstecher in meine Kindheit nach Grainau zu machen.
Ich habe dort Skifahren und Schlittschuhlaufen gelernt. Selbst das Café, in dem meine Großeltern gern Kaffee tranken, war noch da. Leider gab es die von mir geliebten Bärentatzen nicht mehr.

Schild mt der Beschriftung: Grainau

Der Weg war aber das Ziel. Nach Grainau fuhren wir über Moränen, durch einen märchenhaften Wald und blickten auf Deutschlands höchsten Berg, die Zugspitze. Am Ende des Tages kamen wir dann mit 45 km mehr als geplant in Kochel am See an. Die letzten Kilometer der 109 km langen Etappe zogen sich sehr. Umso glücklicher waren wir dann am Ziel! Leider war das Hotel nicht mehr ganz optimal. Der Frühstücksbereich war nur über eine Stufe erreichbar. Es war keine Rampe vorhanden. Im Bad gab es nur eine Badewanne. Sehr seltsam, hatte ich doch bei jeder Buchung nach Barrierefreiheit gefragt.

4. Etappe

Der nächste Tag begann mit einer Panne. Der Koppelmechanismus wollte nicht mehr so wie gedacht. Wir bekamen ihn notdürftig wieder hin, sodass wir losfahren konnten. Ein Besuch einer Fahrradwerkstatt war aber notwendig. Bei der ersten hatten wir Pech, geschlossen. Hinter Bad Tölz wurden wir dann fündig. Zur Mittagszeit fuhren wir an einer Fahrradwerkstatt vorbei. Ich bat um Hilfe. Und obwohl Mittagspause war, wurde uns sofort geholfen. Prima! Ich sollte nicht mal etwas bezahlen. Ich gab dann einen ordentlichen Betrag für die Kaffeekasse. Weiter ging es Richtung Tegernsee. Unterwegs trafen wir auf eine Hörerin meines Podcasts. Sie hatte das angekündigt und wir freuten uns schon die ganze Zeit, sie kennen zu lernen.

Wir sind zu dritt zusehen

Gemeinsam fuhren wir dann den Weg bis zum Schliersee. Nicht ohne am Tegernsee den grandiosen Blick zu genießen und eine Pause zumachen. Silke erwähnte dann noch heftige Anstiege bis zum Schliersee. Tatsächlich waren diese dann mit dem Handbike, trotz Achsverlängerung, nicht zu meistern. Der Untergrund, das schon erwähnte Schotterbett, ließ die steile Fahrt nicht zu. Das Antriebsrad drehte immer wieder durch. Ich musste also tatsächlich an zwei Stellen geschoben werden. Das war für Daniel aber kein Problem. Mit vereinten Kräften haben wir auch diese schwierigen Stellen geschafft! Am Schliersee angekommen, stellten wir fest, dass auch diese Unterkunft nicht barrierefrei war. Tür zum Bad zu schmal und auch wieder eine Stufe zum Frühstücksraum. Was geht da eigentlich schief, wenn man eine barrierefreie Unterkunft anfragt?
Aber auch das haben wir
hin bekommen. Den Abend verbrachten wir dann auf der Schlierseealm bei toller Fernsicht und gutem Essen.

Zu dritt am Schliersee

Wir fuhren erst spät am Abend, es war schon lange dunkel, in unsere Unterkunft.

5. Etappe

Die 5. und längste Etappe lag vor uns. Wir waren früh in Gang und nach einem guten Frühstück, trotz Stufe, ging es los. Nach gut 22 km passierte dann, was eigentlich nicht passieren sollte. Wir haben uns verloren. Es ging eine ziemlich steile und sehr lange Strecke bergab. Daniel fuhr vor. So machten wir es immer, wenn es ordentlich bergab ging. Mit dem Handbike bin ich einfach nicht so schnell. Üblicherweise wartet Daniel dann am nächsten Abzweigpunkt auf mich. Nicht so diesmal. Er war wohl vorbei gefahren oder hatte er nicht gewartet? Ich fuhr den geplanten Weg. Als ich Daniel auch an einem markanten Wegpunkt nicht wieder fand, wurde ich unruhig. Ich versuchte ihn anzurufen. Kein Netz! Ich sah in einiger Entfernung einen Kirchturm, der in der Verlängerung der Schussfahrt zu sein schien. Ich fuhr in die Richtung und bekam dann nach kurzer Fahrt doch eine Netzverbindung. Ich rief Daniel an und tatsächlich, stand er an der Kirche und wartete auf mich. Ich lotste ihn dann zu mir und die Fahrt konnte weiter gehen.

Wir sind dann wieder vom eigentlich Radweg abgewichen, weil wir am Chiemsee Pause machen wollten. Auch das war sehr schön, die Sonne, Segelboote und eine Brotzeit, herrlich!

Lokal am Chiemsee

Der Rest der Strecke war wieder von vielen Anstiegen und schöner Landschaft geprägt. An einer Stelle besonders steilen Stelle riss ein Bremsseil. Zum Glück habe ich zwei Bremssysteme am Handbike. So konnte ich einfach weiterfahren. Am Ziel gab es wieder eine nicht barrierefreie Unterkunft, nicht schön!
Dafür war das Essen und das Bier sehr lecker.

Leider hat mein Garmin nicht aufgezeichnet, deshalb nur die Karte!

6. Etappe

Für die letzte Etappe hat sich dann der Wettergott entschieden, uns mal im Regen fahren zu lassen. Das hat uns aber weder die Laune verdorben, noch die Lust am Fahren. Wir haben uns nur entschieden nicht die geplante, wieder mit ordentlichen Anstiegen gespickte, Strecke zufahren, sondern den flacheren Weg über Salzburg. Die Fahrt war unspektakulär. Das einzig Erwähnenswerte ist, daß von Salzburg nach Berchtesgaden der gut ausgebaute Fahrradweg direkt an der Grenze zu Deutschland aufhörte und wir auf der Bundesstraße fahren mussten

Schmaler Radweg an der Bundesstraße
.
In Berchtesgaden angekommen, hörte prompt der Regen auf. Sehr gut, wollten wir doch zum Königssee. Allerdings hatten wir nach den gut 500 km kein Verlangen mehr die Strecke mit den Rädern zu fahren. Wir nahmen, nach dem wir Schuhe und Rollstuhl trocken geföhnt hatten, den Bus!
Nach anstrengenden aber ebenso schönen 6 Tagen waren wir am Ziel angekommen.

Daniel und ich am Königssee

 

Ausklang

Wir hatten es geschafft! Na ja nicht ganz. Mein Geheimziel war der Obersee. Dorthin fuhren wir am nächsten Morgen mit einem der Königsseeschiffe. Diese sind nicht barrierefrei! Bei Bedarf wird man aber ins Boot gehoben! Nicht für jeden geeignet! Dafür gab es dann an der Endhaltestelle ein sehr sauberes, gut ausgestattetes Behinderten-WC.
Der Weg zum Obersee war auch mit dem Rollstuhl gut zu bewältigen.
Der morgendliche Blick über den Obersee lies alle Strapazen vergessen.
Er ist
atemberaubend!

Daniel und ich am Obersee


Am Sonntag morgen sind wir mit der Bahn wieder gen Heimat gefahren und dort am Abend pünktlich angekommen.

Und natürlich steht die Tour für das kommende Jahr auch schon fest.
Alpe Adria, von Salzburg über die Alpen nach Grado an der Adria!

Epilog:

Auch diesmal war es uns wichtig zu zeigen, daß es auch für einen “normalen” Behinderten mit einem handelsüblichen Handbike und einem guten Freund möglich ist, so ein Abenteuer zu fahren.

Wir sind ganz normale Freizeitradler, ich dazu Rollstuhlfahrer.
Leute behaupten allerdings , dass wir wohl das Gen für Durchhaltewillen in uns tragen.

Hier gibst Bilder von der Reise!

hobbyqs_VDK_Handbiketour_Hamburg_November_2018

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